Fünf Potain-Turmdrehkrane und ein Manitowoc-Raupenkran werden in den nächsten vier Jahren in einer kontaminierten Zone im Einsatz sein, um rund um das Kernkraftwerk Tschernobyl einen riesigen Schutzmantel zu errichten. Das Projekt zum Bau einer neuen, sicheren Schutzhülle (New Safe Confinement – NSC) beinhaltet die Konstruktion eines Mantels mit einer Breite von 257 m und einer Höhe von 110 m, der die radioaktiven Überreste von Block 4 umschließen soll, in dem es 1986 zu der berüchtigten Katastrophe gekommen war.
Bei den Potain-Kranen handelt es sich um vier Krane mit wippendem Hilfsausleger vom Typ MR 605 B H32 und um einen MD 345 B L12; die Manitowoc-Maschine ist ein Raupenkran 2250. Alle Krane sind acht Stunden am Tag im Einsatz, um Metallkonstruktionen mit einem Gewicht von bis zu 16 t zu heben und die bogenförmige 29 000-t-Struktur zu errichten. Novarka, ein Joint Venture der Firmen Bouygues TP und Vinci Grands Projets, besitzt alle Krane.
Nach Jean-Claude Guiter, Großkundendirektor bei Manitowoc, ist dieses Projekt mit keinem anderen zu vergleichen, an dem das Unternehmen jemals mitgewirkt hat.
„26 Jahre, nachdem die Tragödie von Tschernobyl die ganze Welt erschüttert hat, stehen wir am Beginn eines einmaligen Konstruktionsprojekts, das Mensch und Maschine an ihre Grenzen führen wird“, meinte er. „Die Gefahren, die mit der Arbeit an einem radioaktiven Einsatzort verbunden sind, bedeuten, dass die Aufmerksamkeit auf Details besonders wichtig ist. Wir sind zuversichtlich, dass die von unseren Manitowoc Crane Care-Ingenieuren umfassend unterstützten Krane dieses ganz besondere Projekt sicher und termingerecht fertig stellen werden.“
Da die unmittelbare Nachbarschaft von Reaktor Nummer 4 noch immer hohe Radioaktivitätspegel aufweist, wird das riesige NSC-Bauwerk 180 m entfernt gebaut und dann auf Schienen in seine endgültige Position geschoben.
Verständlicherweise stellt die Sicherheit eine enorme Priorität am Einsatzort dar, insbesondere was das Wohlergehen der 300 Arbeitskräfte anbelangt. Für die Aufenthaltsdauer der Arbeiter auf der Baustelle gelten strenge zeitliche Begrenzungen. Aufgrund dieser Beschränkungen dauerte allein der Aufbau der vier Turmdrehkrane und des Raupenkrans sechs Monate.
Vor Betreten der Baustelle müssen alle Arbeiter ein umfassendes Schulungsprogramm absolvieren und strenge Gesundheitsprüfungen bestehen. Am Einsatzort müssen sie dann einen Vollschutzanzug und ein Atemgerät tragen, sowie ein Dosimeter, welches die radioaktive Belastung misst. Falls eine Person 14 Millisievert Strahlung pro Jahr erreicht, kann sie nicht mehr auf der Baustelle arbeiten.
Der Personenschutz erstreckt sich natürlich auch auf die Krane und alle Kabinen wurden für die Arbeit an dem Projekt verstärkt und mit einer Bleiisolierung versehen. Außerdem sind die Arbeitsschichten der Kranführer kürzer, um die im Gefahrenbereich verbrachte Zeit minimal zu halten. Die Krane können auch ferngesteuert werden, wobei die Kranführer sich auf an jedem Kran angebrachte Videokameras stützen.
Angesichts der zeitlichen Begrenzungen der Schichten, aber auch unter dem Druck, das Bauwerk möglichst schnell zu erstellen, entschied sich Novarka für Krane mit wippendem Hilfsausleger, da mehrere von ihnen nahe beieinander eingesetzt werden können. Außerdem wählte das Joint Venture vier Krane desselben Typs aus, um kohärente Bedienungsvorgänge und Vertrautheit unter den Kranführern sicherzustellen.
Der MR 605 B H32 ist Potains größter Kran mit wippendem Hilfsausleger. Er bietet eine maximale Tragfähigkeit von 32 t und einen 60-m-Arbeitsradius. Manitowocs 2250 ist ein Raupenkran mit 272 t Tragfähigkeit.
Dies ist nicht das erste Mal, dass Manitowoc-Krane am AKW Tschernobyl gearbeitet haben. Zuvor, im Jahre 2005, wurde ein Potain-Spezialanwendungskran MD 3200 zum Verstärken des Dachs von Reaktor Nummer 4 verwendet. Die Arbeit an diesem Projekt wurde im Dezember 2006 abgeschlossen.
Die Bodenvorbereitungen für das neueste Projekt begannen 2011 und der neue Sicherheitsschutzmantel soll sich bis 2015 über Reaktor Nummer 4 befinden. Er soll die Strahlung an dieser Stelle 100 Jahre lang abschirmen.